Im Herzen von Detmold: Historische Hof-Apotheke feiert 400-jähriges Jubiläum

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Apotheker Christian Schmidt führt die Hof-Apotheke seit 2012. Foto: Andreas Leber

Detmold. Auf Veranlassung des Detmolder Hofes erhielt Detmold im Jahre 1623 seine erste Apotheke. Man wollte nicht länger auf die bereits 1550 in Lemgo gegründete Apotheke, die erste in Lippe überhaupt, angewiesen sein. Sie wurde von der städtischen Bürgerschaft initiiert und erhielt erst 1559 durch die Verlegung an das dortige Rathaus den bis heute bestehenden Namen Ratsapotheke.

In Detmold erhielt David Wellmann (1590–1669) das Privileg für die erste Apotheke von Graf Simon VII. (1540–1627). Doch der hoch verschuldete Wellmann konnte seine Apotheke aufgrund der Auswirkungen des Dreißigjährigen Kriegs nicht halten und war gezwungen, sie 1655 an den Hofmedicus Dr. Adolf Dreckmeyer abzugeben. Dieser verstarb jedoch bereits ein Jahr später und noch im selben Jahr übernahm Johannes Limbach die Apotheke.

Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten, durch Krankheit oder Tod wechselten die Eigentümer demnach einige Male. 1678 pachtete Friedrich Barth die Apotheke von der Apothekerwitwe Gloxin und heiratete sie in dritter Ehe. Graf Simon Heinrich, der durch den Ausbau des Jagdhauses Lopshorn zum Jagdschloss bekannt wurde, verlieh ihm das Privileg als „Hof-Apotheker“.

Die historische Hof-Apotheke ist an der Langen Straße 55 in Detmold beheimatet. Foto: Andreas Leber

Zur damaligen Zeit waren viele Waren wie etwa Gewürze, Zuckerwaren, Weine respektive Branntwein oder Schokolade nur in Apotheken erhältlich. Aber auch Kuriositäten, wie Mumienpulver, gehörten ins Sortiment. Da die Stadt Detmold mittlerweile das Branntweinprivileg besaß, konnte sie bestimmen, wo der Apotheker Barth nun seinen Branntwein kaufen musste.

Durch Erbstreitigkeiten geriet der Apotheker in schwierige wirtschaftliche Verhältnisse und die Hof-Apotheke befand sich in keinem guten Zustand mehr. Dies nahm der Hof- und Leibmedicus Konrad Johrenius 1684 zum Anlass, um die Genehmigung zur Errichtung einer neuen Hof-Apotheke zu erbitten, die er zunächst an der Krummen Straße betrieben ließ.

1689 verstarb Friedrich Barth und seine Witwe heiratete 1691 den Apotheker Johann Schöne. Dieser verstarb 1731 und seine Erben verkauften die Apotheke am Markt, die sich ungefähr am heutigen Standort des Eiscafés Europa befand, an Johann Anton Keiser. Dieser führte zu dem damaligen Zeitpunkt bereits die neu gegründete Hof-Apotheke.

Über dem Eingang prangt das Wappen von Major Ernst-Johann von Schröderß. Foto: Andreas Leber

Wie lange dieser die Apotheke an zwei Standorten betrieb, ist nicht bekannt. Ihm folgte sein Sohn Jakob Heinrich Keiser. Er heiratete Florentine, die Tochter des Weinhändlers Friedrich Schenk. Bereits seit 1763 lebte die Familie Keiser in einer Hausgemeinschaft mit Major Ernst-Johann von Schröderß. Es verband sie eine enge Freundschaft und so lieh von Schröderß nach dem Tode von Jakob Heinrich der Witwe Florentine 2000 Goldtaler.

Sie kaufte das Haus an der Langen Straße 55, verlegte die Apotheke an den heutigen Standort und führte sie mithilfe eines Verwalters weiter. Über dem Apothekeneingang ließ von Schröderß sein Wappen zusammen mit der Jahreszahl 1790 anbringen. Florentine und Ernst-Johann waren ein Liebespaar, durften dies aufgrund ihres Standesunterschiedes aber nicht öffentlich machen.

Da sie auch im Tod vereint sein wollten, ließ er 1782 ein Mausoleum im ehemaligen Garten der Hof-Apotheke auf dem Weinberg (heute befindet sich dort das Gelände der Anstalt für Getreideforschung) errichten. Florentine verstarb am 2. oder 3. Februar 1801. Der Oberst von Schröderß folgte ihr am 17. November 1810 im Alter von 80 Jahren in das von ihm geschaffene Mausoleum. Seit dem Wiederaufbau im Jahre 1998 kann es im LWL-Freilichtmuseum Detmold besichtigt werden.

1843 wurde die Hof-Apotheke versteigert und ging an den Apotheker Georg Friedrich Quentin. Er ließ 1850/51 die Inneneinrichtung der Offizin aus Nussbaum im Neugotischen Stil durch den Detmolder Tischler Vette fertigen. Ein Highlight ist dort die Pendeluhr, deren Zifferblatt sich in einem von vergoldeten Sonnenstrahlen umgebenden Pendel befindet. Sie wurde mit großer Wahrscheinlichkeit vom Detmolder Uhrmacher Jean Déjan Senior geschaffen.

Im Inneren der Hof-Apotheke ist die Pendeluhr zu finden, deren Zifferblatt sich in einem von vergoldeten Sonnenstrahlen umgebenden Pendel befindet. Foto: Andreas Leber

Am 20. Januar 1852 ernannte Fürst Leopold III. Quentin zum Hof-Apotheker und vergab das erste Mal diese Bezeichnung als Titel. Aus gesundheitlichen Gründen musste Quentin 1864 die Hof-Apotheke an Samuel Otto Adolf Weßel verkaufen. Er war auch derjenige, der 1841 die zweite Apotheke, die Adler Apotheke an der Bruchstraße eröffnete. Auch ihm wurde 1866 der Titel „Hof-Apotheker“ verliehen.

Als er erkrankte, verkaufte er 1871 die Apotheke. Danach ging sie durch verschiedene Hände, bis Adolf Lindrum, der bereits in der Hof-Apotheke arbeitete, sie am 1. April 1879 erwarb. Noch im selben Monat heiratete er die Tochter des Bäckermeisters August Priester.

Die Apotheke florierte und wurde immer bekannter. Mit der Einweihung des Hermannsdenkmals 1875 durch Kaiser Wilhelm II wurde Detmold im ganzen Reich bekannt. 1897 verkaufte Lindrum die Apotheke an seinen Neffen Franz Priester, der bereits seit 1892 als Gehilfe in der Hof-Apotheke tätig war. Dieser leitete auch den lippischen Apothekerverein und schrieb auch eine umfangreiche Chronik der Hof-Apotheke.

1925 verstarb er bereits im Alter von 58 Jahren. Seine Witwe ließ die Apotheke bis 1936 durch den Apotheker Hans Köhne verwalten, ehe ihr dritter Sohn Kurt 1936 die Hof-Apotheke übernahm. Ebenso wie sein Vater war er standespolitisch sehr aktiv und bildete viele Praktikanten aus, unter anderem die Großtante des heutigen Besitzers Christian Schmidt, Editha Backs.

Der Aufkleber an der Eingangstür zeichnet Christian Schmidt und die Hof-Apotheke als „Fürstlich-Lippischen Hoflieferanten“ aus. Foto: Andreas Leber

Sie machte vom 1. April 1940 bis 31. März 1942 ihr Vorexamen und wurde anschließend kriegsbedingt für zwei weitere Jahre dort dienstverpflichtet. Ab 1959 führte sie dann die Stadtapotheke am Klinikum. Diese übernahm Christian Schmidt im April 2006 und führte sie bis 2011, ehe sie in der neu gegründeten Medicum Apotheke aufging.

Die Hof-Apotheke wurde 1974 vom Hof-Apotheker Dr. Wolfgang Scharlemann weitergeführt und 1987 käuflich erworben. Er führte die geschichtsträchtige Apotheke in dem historischen Gebäude von circa 1680 mit großer Hingabe und Liebe bis 2012. Unvergesslich sind seine Verdienste für die Wiedererrichtung des Apothekenmausoleums im LWL-Freilichtmuseum Detmold anlässlich der 375-Jahr-Feier. 2012 verkaufte er die Hof-Apotheke an den heutigen Inhaber Apotheker Christian Schmidt.

Das besondere Jubiläum, 400 Jahre Hof-Apotheke, wird von Montag, 7. August, bis Samstag, 12. August mit einer Festwoche gefeiert. So kann etwa am Dienstag ein Raumduft in Zusammenarbeit mit der Firma Taoasis hergestellt werden oder am Mittwoch und Donnerstag ein eigener Eistee. Zudem präsentieren sich die französischen Kosmetikmarken Caudalie und L`Occitane. Am Samstag darf dann gefeiert werden. Die Gutshof-Brennerei Begatal präsentiert an diesem Tag, den eigenes kreierten Jubiläumsgin, und die Kaffee-Arpe des Residenzschlosses lädt auf einen Kaffee oder Kakao ein. (al)