Interview zum Valentinstag: Detmolder Paartherapeutin erklärt die Liebe

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Befasst sich seit Jahren intensiv mit dem Thema Liebe und Beziehung: Diplom-Psychologin Bettina von Uechtritz und Steinkirch. Foto: Karen Hansmeier

Kreis Lippe/Detmold. Ja, die Liebe. Sie ist wohl eines der größten Risiken, das ein Mensch eingehen kann. Man öffnet sich, macht sich verletzlich. Und trotzdem lassen wir uns immer wieder darauf ein. Denn Liebe macht auch leidenschaftlich und mitunter geradezu süchtig. Sie entfacht Verlangen, gibt Wärme und Vertrautheit. Doch wie bekommt man sie, die Liebe? Wie hält man sie? Und wie lässt man sie vielleicht auch wieder los?

Eine, die sich in Sachen „Liebesangelegenheiten“ bestens auskennt, ist Bettina von Uechtritz und Steinkirch. Die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG ist kurz vor dem Valentinstag mit der Detmolder Paartherapeutin den ewig immer neuen Fragen nachgegangen: „Wieso steckt man schon wieder in einem Gefühlschaos?“, „Warum war man beim nächsten Mal nicht klüger?“, oder „Wie lange hält das Happy End?“

Lippische Wochenzeitung (LWZ): Frau von Uechtritz und Steinkirch, ja, wie lange hält das Happy End? Dazu eine unromantische Zahl zum Valentinstag: Im Jahr 2022 betrug die Scheidungsrate von Ehen in Deutschland rund 35,15 Prozent. Auf drei Eheschließungen kam damit rechnerisch circa eine Scheidung (Statista, 2. Januar 2024). Woran liegt das? Sind exklusive Liebesbeziehungen zum Scheitern verurteilt?
Bettina von Uechtritz und Steinkirch: Die Menschen individualisieren sich immer mehr – vor allem die Frauen emanzipieren sich und trauen sich zusehends, ihre Bedürfnisse zu formulieren und einzufordern. Dadurch, dass die Frauen auch finanziell unabhängiger geworden sind, verharren sie nicht mehr so häufig in einer langjährigen Partnerschaft oder Ehe, wenn sie darin sehr unglücklich sind.

LWZ: Als Diplom-Psychologin, Biografieberaterin und Paartherapeutin sind Sie quasi so etwas wie eine Expertin für die Liebe. Wie verlieben sich zwei Menschen?
von Uechtritz und Steinkirch: Sind es seine Ausstrahlung, ihre Augen, seine Hände, die Stimme? Das ist und bleibt ein geheimnisvolles Mysterium, das wir hoffentlich alle kennen – aber damit daraus Liebe wird, ist harte Arbeit an sich und gemeinsam vonnöten!

LWZ: Woran erkenne ich den Richtigen? Gibt es für die Partnerwahl eine Faustregel? „Gleich und Gleich gesellt sich gern“, heißt es im Volksmund. Oder „Gegensätze ziehen sich an“…?
von Uechtritz und Steinkirch: Meiner Erfahrung nach kann beides stimmen. Beim Kennenlernen kommt es eher darauf an, ob man eine ähnliche Wellenlänge hat auf verschiedenen Ebenen. Die Entwicklung der beiden Persönlichkeiten in der Beziehung geschieht dann eher angeregt durch die Unterschiedlichkeit der beiden Partner.

LWZ: In Ihrer langjährigen Praxis begegnen Ihnen sehr unterschiedliche Paare mit individuellen Problemen. Gibt es dennoch ein großes Überthema, gewissermaßen als gemeinsamen Nenner, an dem Mann und Frau arbeiten könnten?
von Uechtritz und Steinkirch: Bei allen Paaren spielen die Prägungen aus dem Elternhaus und der Kindheit eine große Rolle, nach der man – meist unbewusst – den oder die Partnerin auswählt. Und solange diese Prägungen unbewusst bleiben, kommt es oft zu Schwierigkeiten und Konflikten. Dann hilft eine Paartherapie und ein Coaching mit einem neutralen Gesprächspartner, der das erkennen und spiegeln kann, sehr viel weiter. Es kann dadurch schon in relativ kurzer Zeit zu einer starken Verbesserung der Beziehungs-Qualität kommen.
Meiner Ansicht nach geht es generell im Leben und vor allem in Beziehung immer um Entwicklung: Unser Partner, unsere Partnerin, legt unbewusst durch ihr Verhalten den Finger in die Wunde und macht die Baustellen bewusst, die noch bearbeitet werden möchten. Deswegen ist jede Krise, jeder Konflikt in einer Beziehung eine große Chance zum Wachstum für beide Seiten.

LWZ: Was macht für Sie eine gute Beziehung aus?
von Uechtritz und Steinkirch: Eine gute Beziehung zeichnet sich für mich dadurch aus, dass beide Partner auch nach Jahren noch neugierig aufeinander und interessiert aneinander sind, im Idealfall auch auf erotischem Gebiet. Dass sie einerseits Interessen miteinander teilen, aber sich gegenseitig auch den Freiraum geben, den individuellen Interessen und Neigungen möglicherweise auch ohne den Partner, die Partnerin nachzugehen, und dies dennoch als Bereicherung für die Beziehung zu erleben.

LWZ: Am Valentinstag wird die Liebe gefeiert. Was würden Sie Menschen, die verliebt sind oder sich auch schon jahrzehntelang in Liebe verbunden sind, gern mit auf den Weg geben?
von Uechtritz und Steinkirch: Trauen Sie sich, in Ihrer Beziehung authentisch zu sein, das heißt sich mit all Ihren Facetten Ihrem Partner, Ihrer Partnerin zumuten und dadurch aneinander zu wachsen und sich zu entwickeln. Wagen Sie auch mal unkonventionelle Dinge, um nicht im Einerlei des Alltags zu veröden und dadurch aus falscher Rücksichtnahme unglücklich zu sein.
Außerdem wünsche ich allen Paaren den Mut und die Offenheit, sich auch zwischendurch mal ein Update und neue Impulse durch eine Paarberatung zu gönnen, so wie sie regelmäßig zum Zahnarzt gehen oder ihr Auto zur Inspektion geben – und nicht erst, wenn es schon fast zu spät ist.


Das Interview führte Karen Hansmeier.