Kreis Lippe. Fachkräftemangel in der Pflege: den kennen Marianne Rautenberg und Birgit Scheltmann aus eigener Erfahrung. Rautenberg arbeitet seit vielen Jahren in der stationären Altenpflege und setzt sich daher als Vorsitzende des Sozialausschusses im Kreis Lippe besonders für Verbesserungen im Pflegebereich ein. Deshalb fordert die SPD-Lippe die forcierte Ausbildung von zusätzlichen Betreuungskräften nach Sozialgesetzbuch 11, um Pflegekräfte zu entlasten. Betreuungskräfte, auch Alltagsbegleiterinnen und – Begleiter genannt, sollen regelmäßig ausgebildet werden. Bisher geschehe dies nur auf Zuruf.
Um den individuellen Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner gerecht werden zu können, sieht die SPD Bedarf darin, auch die Personalschlüssel anzupassen. „Schließlich habe jeder Mensch mit Pflegegrad, in Tages- oder Vollzeitpflegeeinrichtungen, ein Recht auf Betreuung“, so Rautenberg: „Die Beschäftigung von zusätzlichen Betreuungskräften hätte sehr viele Vorteile. Pflegekräfte würden besser entlastet, die Gepflegten bekämen mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung. Wichtig ist uns aber auch, dass Betreuungskräfte eine angemessene Bezahlung erhalten.“ Marianne Rautenberg und Birgit Scheltmann sind beide Kreistagsmitglieder der SPD und adressieren ihre Forderung an die Bundespolitik. Dazu haben sie den SPD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Berghahn getroffen: „Wir freuen uns, dass er unser Anliegen teilt und mit nach Berlin nimmt,“ so Rautenberg.
„Um den Mangel an Fachkräften auszugleichen, reicht das aber nicht“, betont Marianne Rautenberg: „Die Aufgaben der Betreuungskräfte sind gesetzlich geregelt. Sie entlasten Pflegekräfte, dürfen aber pflegerische Aufgaben nicht übernehmen, nur im Ausnahmefall. Uns ist klar, dass sie fehlende Pflegefachkräfte nicht ersetzen. Die Pflegequalität steht und fällt mit der Anzahl examinierter Pflegekräfte. Als Vorsitzende des Sozialausschusses bin ich gut vernetzt und führe viele Gespräche. So habe ich erfahren, dass Pflegefachkräfte mit ausländische Abschlüssen viel zu lange auf eine Anerkennung warten müssen. Auch das Netzwerk Lippe, mit dem wir im Gespräch sind, sieht diese Probleme. Angesichts der dramatischen Lage muss sich das dringend ändern.“
Die lippischen SPD-Landtagsabgeordneten Ellen Stock, Dr. Dennis Maelzer und Alexander Baer sehen das ebenso. Sie haben gemeinsam mit dem SPD-Gesundheitspolitiker Thorsten Klute, beim NRW-Gesundheitsminister mittels einer Kleinen Anfrage den aktuellen Stand anerkannter Qualifikationen erfragt.
„Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie bei der Anerkennung der Abschlüsse von Pflegekräften oder Ärztinnen und Ärzten alles daransetzt, sie schnell zu bearbeiten.“, so die Abgeordneten. „Die Antwort auf die Kleine Anfrage ist leider ernüchternd.“ Antragsstellende müssten besser unterstützt werden, doch die NRW-Landesregierung sieht keine zusätzliche Beratungsstruktur für einzelne Pflegekräfte vor, die sich um Anerkennung bewerben. Sie setzt weiterhin auf die professionelle Anwerbung von ausländischen Fachkräften durch Unternehmen. Die Menschen, die bereits hier vor Ort sind und eine medizinische Qualifikation haben, werden hierbei vergessen.
Mit Blick auf den demographischen Wandel, verbunden mit stetig wachsender Lebenserwartung, wird der Anteil pflegebedürftiger Menschen weiter zunehmen. „Wer wird uns mal pflegen?“ fragt Scheltmann. Pflege und Care-Arbeit muss in der Erwerbsarbeit besser mitgedacht werden. So bedarf es an die Lebenswirklichkeit angepasste Arbeitszeitmodelle, die nicht nur Kinderbetreuungszeiten, sondern auch Zeiten für Pflege- und Betreuung von Eltern viel mehr berücksichtigen. „Wir müssen umdenken. Pflege- und Sorgearbeit ist gelebte Normalität. Um pflegebedürftige Menschen künftig nicht allein zu lassen und Pflegende nicht zu überfordern, muss Pflege und Care-Arbeit dringend eine gesamtgesellschaftliche Aufwertung und Anerkennung erfahren“, resümiert Scheltmann.
Katrin Freiberger, Co-Vorsitzende des Kreisverbandes Lippe freut sich, dass sich die SPD-Politikerinnen und -Politiker in Lippe auf verschiedenen Ebenen für die Pflege einsetzen: „Pflege ist ein so wichtiger Bereich in unserer Gesellschaft und derzeit erleben wir einen großen Notstand, das zeigen auch die Demonstrationen der Pflegekräfte. Wir machen uns dafür stark, dass es hier tatsächliche und effektive Verbesserungen gibt.“ (lwz)