Lemgo. Von Lemgo nach Los Angeles – das hat die Studentin Lydwine geschafft. Die 22-Jährige war Teil der diesjährigen Staffel der Model-Castingshow „Germany’s Next Topmodel“ und konnte Heidi Klum zwölf Wochen lang von sich überzeugen.
Im Interview mit der LIPPISCHEN WOCHENZEITUNG erzählt die Lemgoerin von ihren Erfahrungen vor Ort sowie ihren Plänen für die Zukunft.
LIPPISCHE WOCHENZEITUNG (LWZ): Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst und einen Einblick in deine Zeit bei „Germany’s Next Topmodel“ gewährst. Erzähl aber gerne erstmal etwas von dir …
Lydwine: Gerne. Ich bin 22, studiere Innenarchitektur in Detmold und mache sonst eigentlich nicht viel Besonderes. Neben meinem Studium und Privatleben, besteht mein Leben aktuell auch aus Reisen und verschiedenen Events. Vergangenen Sommer habe ich den Aufruf zur Bewerbung für GNTM gesehen und mich gefragt: warum nicht?
Ich habe die Sendung früher immer geschaut und gedacht, es sei cool, selbst mal mitzumachen.
Der Gedanke war aber immer weit entfernt – wirklich mitzumachen hat sich wie eine nicht greifbare Illusion angefühlt. Ich habe es dann aber einfach probiert, mir jedoch keine besondere Mühe mit meinem eineinhalbminütigen, banalen Handyvideo gegeben. Die Bewerbung hatte ich schon längst wieder vergessen, als ich zwei Monate später entgegen meinen Erwartungen eine Antwort erhalten habe. Im September war ich schließlich beim Vor-Casting in München, im Oktober dann in Berlin, wo bereits gefilmt wurde.
LWZ: Mit Marvin hast du vor Ort ein bekanntes Gesicht wiedergetroffen …
Lydwine: Ja, wir kennen uns, seitdem wir 16 Jahre alt sind, durch eine Freundin. Wir hatten aber keinen privaten Kontakt, sondern haben uns lediglich auf Veranstaltungen gesehen. Ihn bei GNTM zu treffen hat mich ehrlich gesagt gar nicht so überrascht, da ich immer schon dachte, dass er viel Modelpotenzial hat.
Es war aber natürlich super, dort eine bekannte Person zu sehen – ich hatte aber auch das Glück, dass ich beim Casting direkt weitere Bezugspersonen gefunden habe. Eigentlich bin ich sehr extrovertiert und es fällt mir nicht schwer, Kontakte zu knüpfen. Dort ist aber jeder extrovertiert und es ist schwierig, aus der Masse herauszustechen. Somit habe ich etwas gebracht, bis ich aufgetaut bin und mich getraut habe, wirklich ich selbst zu sein.
LWZ: Es war die erste Staffel mit Männern – wie findest du das veränderte Konzept?
Lydwine: Richtig cool! Es war eine ganz andere Stimmung und viel harmonischer. Viele beschweren sich, dass es diese Staffel weniger Zickenkrieg gibt, aber für uns war es vorteilhaft. Man kann sich nicht vorstellen, wie viel Druck dort herrscht und wie wichtig eine entspannte Gruppendynamik ist. Nur mit Mädels wäre es mir denke ich zu viel gewesen (lacht). Zudem war es interessant zu sehen, wie die Männermodewelt läuft.
Reizüberflutung am ersten Tag
LWZ: Beschreibt doch einmal deine Eindrücke, Gefühle und Gedanken am ersten Tag.
Lydwine: Es war eine totale Reizüberflutung. Zunächst haben wir fünf Stunden gewartet und versucht uns abzulenken. Anfangs war ich noch gar nicht so nervös, je näher der Auftritt vor Heidi rückte, desto angespannter wurde ich aber. Auf der Bühne war der Kopf dann irgendwie ausgeschaltet, es war echt viel.
Es war natürlich ein mega Gefühl, wenn Heidi dir sagt, dass sie dich toll findet. Für mich war es schon eine super schöne Erfahrung, dort zu sein und ich war stolz, es überhaupt so weit geschafft zu haben. Ich bin ohne Erwartungen in die Show gegangen – dass ich am ersten Tag rausfliege, davon bin ich aber nicht ausgegangen. Gedanken darüber, wie weit es wirklich geht, habe ich mir eigentlich nicht gemacht. Somit war ich immer geschockter, dass ich Woche für Woche weitergekommen bin.
LWZ: Wie bist du mit dem Druck vor Ort umgegangen?
Lydwine: Anfangs habe ich noch nicht so viel Druck verspürt, vor der Kamera war ich aber noch recht zurückhaltend. Später bin ich immer mehr reingekommen und war ich selbst. Die Zeit auf Teneriffa war vermutlich die schwierigste Zeit, da dort das Konkurrenzdenken losging – und das war gar nicht meins. Ich wollte mich an mir selbst messen und mich nicht so viel mit anderen vergleichen, das macht dich nur kaputt.
Druck hatte aber jeder konstant, schon allein aufgrund der Ungewissheit, was als nächstes passiert. Wir sind morgens aus dem Haus und wussten nicht, wohin es geht und was wir machen – oftmals haben wir versucht, Informationen aus unserem Fahrer herauszubekommen (lacht). Es war also immer eine Anspannung da. Komisch waren für mich auch die Einzelinterviews. Auf der einen Seite sollst du authentisch sein, auf der anderen musst du schon bisschen darüber nachdenken, was du sagst und wie du dich ausdrückst.
Lydwines Highlights und Tag des Rauswurfes
LWZ: Gab es ein spezielles Highlight in deiner GNTM-Zeit, ein Erlebnis, welches besonders einprägsam war?
Lydwine: Ein Highlight war definitiv das versteckte Casting für Emmy Caffe Latte, weil ich da zum ersten Mal richtig mit Heidi geredet habe. Es wurde nicht ausgestrahlt, aber ich habe dort allein getanzt und Heidi hat gestrahlt, sie meinte, ich würde aus der Masse herausstechen und man könne sich an mich erinnern – das war ein großes Kompliment und mein Ziel.
Ein richtig cooles Ergebnis war auch das Unterwasser-Shooting mit Marvin, das hat super viel Spaß gemacht. Generell war es aber ein Highlight, überhaupt so lange dabei zu sein – vor allem LA war super krass. Auch wenn leider viel Wichtiges nicht gezeigt wurde, war es dort wie in einem Traum. Ich freue mich sehr, beim Finale nochmal dabei zu sein und bin gespannt, was dort passieren und wer das Rennen machen wird.
Spannend war es auch, einen Einblick in die Produktionsabläufe sowie die Modewelt zu bekommen. Ich dachte, die Jobs wären etwas diverser, oft denken die Kunden aber noch recht engstirnig. Die Modewelt hat sich schon weiterentwickelt, ist aber noch nicht da, wo sie meiner Meinung nach sein sollte.
LWZ: Wie hast du deinen Rauswurf erlebt?
Lydwine: An dem Tag habe ich schon damit gerechnet. Im Backstage war eine bestimmte Stimmung und wenn du plötzlich besonders oft gefilmt und interviewt wirst, weißt du schon Bescheid. Glücklicherweise hatte ich eine innere Ruhe, da ich wusste, was passieren wird und vor allem sehr zufrieden mit meiner Leistung und allem, was ich in der Zeit gemacht habe, war.
Ich habe es super weit geschafft, mich für die anderen gefreut und war froh, ein positives Bild hinterlassen zu haben. Zudem ist GNTM ja nicht mein ganzes Leben. Die ersten Tage wieder zu Hause waren aber absolut langweilig. Da ich weder arbeiten noch zur Uni musste sowie mich möglichst wenig in der Öffentlichkeit zeigen durfte, habe ich einen Monat fast nur in meinem Zimmer verbracht sowie viel mit Freunden und GNTM-Kollegen gemacht und telefoniert.
Erfahrungen und Zukunftspläne
LWZ: Wie ist es für dich, jetzt eine Person des öffentlichen Lebens zu sein?
Lydwine: Es ist auf jeden Fall etwas Neues. Wenn wir in der Gruppe unterwegs sind, werden wir des Öfteren erkannt – das stört mich aber gar nicht. Was nicht so einfach ist, ist der Hass in den sozialen Medien, den lese ich mir aber meist gar nicht durch. Trotzdem ist es nicht so einfach, wie ich dachte – dabei habe ich noch nicht mal so viele Follower.
Ich mache mir keinen Stress, sondern weiter mein Ding und den Content, den ich mag. Ich merke aber, dass sich einige, die mittlerweile über 30.000 oder 40.000 Follower haben, etwas zurückhalten und nicht 100 Prozent sie selbst sind. Wenn man den Schritt in die Show beziehungsweise die Öffentlichkeit wagt, muss man sich bewusst und sicher sein, dass man mit Druck und Konkurrenz klarkommt und kein unsicherer Typ ist.
Viele möchten in diesem Bereich arbeiten, es ist aber nicht für jeden das Richtige. Mir hat die Show natürlich aber auch viele Türen geöffnet. Ich werde mein Studium beenden, möchte aber nebenbei und danach gerne weiter in der Content-Creation sowie in der Modelwelt Fuß fassen. In Deutschland ist es tatsächlich gar nicht so einfach, als Person of Color zu modeln, weil es einfach nicht so viel gesucht wird – somit habe ich international eventuell sogar bessere Chancen.
LWZ: Was hast du aus deiner Zeit bei GNTM mitgenommen?
Lydwine: Vor allem habe ich gelernt, wie mir meine Art Türen öffnet. Ich wusste, dass ich ein starker Charakter bin und da irgendwie reinpasse, aber es ist trotzdem schön zu sehen, dass man mich mit meiner Art mag und ich damit bei vielen positiv im Kopf geblieben bin. Ich hoffe, dass auch viele Zuschauerinnen merken, dass jeder Mensch besonders und damit okay so ist, wie er ist.
Die Show hat mir aber auch geholfen, zu lernen, mit Kritik und Absagen umzugehen. Ich bin stolz sagen zu können, dass ich nichts bereue – obwohl ich die spätere Tanz- und Schauspiel-Challenge, gerne noch mitgemacht hätte. Die hätte ich gerockt!
Ich hatte im Vorfeld keine Erwartungen und letztendlich eine richtig coole Zeit, in der ich nicht nur viel übers Modeln, sondern auch über mich selbst, meinen Charakter und meine Mentalität lernen durfte. Ich weiß, dass dies erst der Anfang war und ich es schaffen kann. Durch GNTM habe ich einen Einblick in die Welt bekommen, die ich mir erträumt habe.
Das Interview führte Alina Knoerich.
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Alina Knoerich studiert Medienwissenschaften an der Universität Paderborn und war von 2020 bis 2022 Freie Redakteurin bei Lippe aktuell. Seit 2023 schreibt die gebürtige Detmolderin für die LWZ und berichtet besonders gerne über Sport sowie Musik, Kunst und Kultur im Detmolder Raum und darüber hinaus.