Sexualisierte Gewalt: Lippische Landeskirche ergreift Maßnahmen

30
Symbolbild. Foto: Adobe Stock

Kreis Lippe/Bad Salzuflen. Landessuperintendent Dietmar Arends hat auf der Lippischen Landessynode am Samstag, 8. Juni, zum Thema „Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche“ informiert.

Die Ergebnisse der Ende Januar erschienenen ForuM-Studie „Forschung zu sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ stellten eine bleibende Erschütterung dar: „Dass es sexualisierte Gewalt auch in der Evangelischen Kirche gegeben hat und gibt, war – so bitter das ist – keine neue Erkenntnis. Aber die Studie hält uns als Evangelische Kirche ein systematisches institutionelles Versagen vor. In der Kirche wurden systematisch Beschuldigte sowie Täter geschützt und Betroffene nicht gehört.“

Gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unter Beteiligung von Betroffenen werde derzeit intensiv daran gearbeitet, welche Konsequenzen für Aufarbeitung, Prävention und Intervention aus der Studie zu ziehen sind.

Fälle sexualisierter Gewalt in der Lippischen Landeskirche

Der Landessuperintendent berichtete auch zum Stand der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in der Lippischen Landeskirche: „Zwei Fälle – einen aus der Jugendarbeit der Landeskirche, einen aus der Jugend- und Konfirmandenarbeit einer Kirchengemeinde – haben wir Anfang des Jahres veröffentlicht. Wir haben das getan, um damit transparent umzugehen, aber insbesondere auch, um Betroffene zu ermutigen, sich zu melden.“

Durch die Veröffentlichung der beiden Fälle und der Forum-Studie habe sich eine weitere Betroffene zu einem ganz anderen Fall gemeldet sowie Zeugen zu noch einem anderen Fall: „Auch mit diesen beiden Fällen beschäftigen wir uns inzwischen intensiv, einen Fall haben wir zu einer ersten externen Begutachtung weggeben. Wir rechnen damit, dass wir damit und auch mit Stand der Aufarbeitung der beiden ersten Fälle noch im Sommer erneut an die Öffentlichkeit gehen werden. Noch aber sind etliche Fragen vorher zu klären.“

Interessen der Betroffenen im Vordergrund

Bei der Aufarbeitung sei es entscheidend, dass die Interessen der Betroffenen im Vordergrund stehen, so Arends weiter: „Im Idealfall gelingt es, einen Beirat zu bilden, in dem auch Betroffene mitarbeiten und der auch über eine Vergabe der externen Aufarbeitung entscheidet. Dann entscheiden Betroffene mit darüber, wer mit der Aufarbeitung beauftragt wird.“ Das sei bisher noch nicht gelungen.

„Wir haben uns deshalb im Interventionsteam beraten lassen von Professor Wazlawik, dem Leiter des Forschungsverbundes der Forum-Studie. Er hat uns ermutigt, die Fälle sexualisierter Gewalt einem externen Fachgremium vorzustellen, um dort gemeinsam zu überlegen, was es für eine Aufarbeitung noch braucht. Da sind wir gerade dabei, ein solches externes Fachgremium zu bilden. Meine Hoffnung ist, dass dort dann auch Betroffene mit dabei sein werden.“

Benennen, was geschehen ist

Manchmal werde gefragt, ob Aufarbeitung in dieser Weise sein müsse, die Fälle lägen doch schon lange zurück. „Betroffene jedoch melden sich nach Jahrzehnten und was ihnen widerfahren ist, belastet sie noch immer zutiefst, hat sie geprägt, im Innersten verletzt, hat ihnen Lebenschancen genommen und anderes mehr. Wie könnten wir da sagen: ‚Es ist doch schon so lange her‘?“, so Arends. „Da, wo wir mit Betroffenen in Kontakt sind, spielt das häufig eine große Rolle: Sie wollen, dass benannt wird, was geschehen ist, dass auch Verantwortlichkeiten benannt werden, dass es öffentlich gemacht wird und Verantwortliche, wo möglich, zur Rechenschaft gezogen werden.“

Zur Unterstützung der weiteren Aufarbeitung hat die Landeskirche eine Stabsstelle Sexualisierte Gewalt mit 75 Prozent ausgeschrieben.

Darüber hinaus sei es eine Frage der Haltung und der Kultur, wie mit dem Thema in der Lippischen Landeskirche umgegangen werde: „Deshalb planen wir einen Studientag zur Forum-Studie und den Konsequenzen. Der Studientag wird insbesondere für Kirchenälteste, Pfarrpersonen, Mitarbeitende in der Jugendarbeit und in Kindertagesstätten gedacht sein, aber natürlich offen sein auch für andere. Dankenswerterweise hat Professor Wazlawik seine Mitarbeit zugesagt.“