Retzer Bühne feiert Premiere: Schlüpfrige Unterhaltung mit „Hotel im Angebot“

136
Das erstarrte Männer-Triple und ein ebenso erschrockener Hoteldirektor vor der Offenherzigkeit der „Männer-fressende Wanderheuschrecke“: (von links) Andreas Landau, Heiko Welche, Ernst August Mellies, Mathias Weber und Michaela Kirsch. Foto: Reiner Toppmöller

Lemgo-Lieme/Bad Salzuflen. Die Retzer sind nach Lemgo-Lieme ausgewichen. Seit dem Brand bei Rickmeyer im vergangenen Jahr ist der Liemer Krug zur neuen Spielstätte der Retzer Bühne geworden.

Der Saal ist ähnlich groß, die Bühne sogar so groß, dass im neuen Stück „Hotel im Angebot“, einer Komödie von Michael Parker in der bewährten Regie von Susanne Habenicht, gleich zwei Bühnenbilder nebeneinander aufgebaut werden können. Allerdings fehlt ein Vorhang, was dem Treiben auf der Bühne aber keinen Abbruch tut.

Der Schrecken angesichts der Geschehnisse im Hotel ist Maureen (Maria Nickel) ins Gesicht geschrieben. Foto: Reiner Toppmöller

Mit dem Treiben, also dem Trieb beider Geschlechter zueinander, scheinen die Laienschauspieler jedenfalls auf dem richtigen Weg zu sein. Ging es im vergangenen Jahr um eine, der Monogamie eher abgeneigten jungen Frau, so geht im aktuellen Stück eher zu wie in Sodom und Gomorrha. Was allerdings aus der Situation heraus erklärbar wird.

Das kleine, unrentable Familienhotel von Terry und Brian Cody soll verkauft werden. Der einzige Stammgast, ein britischer Major mit ätzendem Humor, wirkt nicht gerade verkaufsfördernd. Als der mögliche Investor auftaucht, wird das Hauspersonal in letzter Minute zu Gästen umfunktioniert. Das alkoholisierte Faktotum wird zum ehrwürdigen Geistlichen, die Hotelbesitzerin zur mondänen Gesellschaftsdame, das etwas begriffsstutzige Hausmädchen zur eleganten Empfangsdame. Und dann tauchen plötzlich weitere mysteriöse Gäste auf.

Heiko Welsche überzeugt in seiner Doppelrolle als Major und Kalif Abdul el Hadesch und Michaela Kirsch schafft es als „Barrakuda“ oder auch „Männer fressende Wanderheuschrecke“ mit ihrer nymphoman-exhibitionistischen Rolle sogar zu einem Männer-Triple im Hotelzimmer.

Empfindliche Gemüter, was die Emanzipation und das Bild der Frau angeht, sind in diesem Stück fehl am Platz. Die eindeutig-doppeldeutigen Dialoge halten das Publikum auf jeden Fall in Schwung.

Ende gut, alles gut. Letztlich wird das Hotel vom am Boden liegenden Scheich gekauft: (von links) Michaela Kirsch, Andreas Landau, Mathias Weber, Nina Josephs, Maria Nickel, Ernst-August Mellies und Monika Weber. Foto: Reiner Toppmöller

Dazu zählt auch die dümmlich, aber sexy über die Bühne stolpernde Maureen, gespielt von Neuzugang Maria Nickel. Ihre in der Rolle immer wieder abgelesenen Begrüßungen der Gäste mit „Herren oder Damen, je nachdem“, ist als Verballhornung der derzeitigen Genderdebatte zu verstehen.

Nach gut einer Stunde löst sich dann alles auf und selbst der prüde mögliche Investor wird von seiner noch prüderen Gattin als Fremdgeher enttarnt, das Hotel gut und teuer an einen zuvor nicht vorgesehenen Käufer verkauft. Das Ensemble bietet ein Stück einfacher, aber guter Unterhaltung und das alles live.

Susanne Habenicht als Regisseurin ist mit ihrer Truppe wieder etwas Schönes gelungen. Hoch anzurechnen ist die Integration der vier neuen Mitwirkenden Maria Nickel, Astrid Kottmann, Ernst August Mellies und Michaela Kirch.

Eine Empfehlung für alle Liebhaber des regionalen Theaters und Freunde des einfachen Boulevards, auch wenn der Weg nach Lieme jetzt etwas weiter ist.

Die weiteren Aufführungen im Gasthaus Liemer Krug beginnen am Freitag und Samstag um 19.30 Uhr und sonntags um 16 Uhr. Die Aufführungen sind am 23. und 24. Februar, 2., 3., 8., 9., 15, 22. und 23. März.

Karten gibt es im Liemer Krug (Bielefelder Straße 18, Lemgo, Telefon: 05261/96620) zu den üblichen Öffnungszeiten und bei Bettina Schilling, Lotto-Toto-Bücher-Tabakwaren (Bielefelder Straße 36b, Bad Salzuflen-Knetterheide) sowie auf der Homepage der Retzer Bühne.