Es brodelt in Lippe: Wie steht es um die medizinische Versorgung im Kreis?

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Landrat Dr. Axel Lehmann (Fünfter, von links) bei der Einweihung des Gesundheitszentrum-Oerlinghausen des Kreises Lippe. Foto: Reiner Toppmöller

Kreis Lippe. Die Äußerungen des Kalletaler Bürgermeisters Mario Hecker zur Zukunft des Lemgoer Krankenhauses bei der Abstimmung zum MVZ im Kalletal, so wie die Denkschrift der Leiterin des Gesundheitsamtes zu einer möglichen MVZ-Modellregion, haben für große Aufregung in den politischen Kreisen in Lippe gesorgt.

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Landrat Dr. Axel Lehmann wiegelt ab und bezeichnet die Denkschrift als persönliche Meinung seiner Amtsleiterin. Die niedergelassenen Ärzte stehen kopf, wie es der Äußerung ihres Standesvertreters in der Lippischen Landes-Zeitung zu entnehmen war. Und die lippischen Bürgermeister machen offensichtlich, was sie wollen. Die Kommunalwahl 2025 lässt grüßen.

Zu einem Interview mit der LIPPISCHEN WOCHENZEITUNG (LWZ) war letztlich nur der Lemgoer Bürgermeister Markus Baier bereit. Der Kalletaler Bürgermeister Mario Hecker bestand auf einen schriftlichen Fragenkatalog und der Bad Salzufler Bürgermeister Dirk Tolkemitt war wie der Landrat nicht zu einem Gespräch zu erreichen. Oder vielleicht auch nicht bereit?

Eigenes MVZ-Konzept

So ergibt sich folgendes Bild: Wie der LWZ aus verlässlichen Kreisen bekannt ist, sind die Kommunen Lemgo, Bad Salzuflen, Leopoldshöhe und Lage dabei, an einem eigenen MVZ-Konzept in Zusammenarbeit mit dem DRK zu arbeiten.

Markus Baier bestätigt das auf Nachfrage nur zögernd, weist aber darauf hin, dass man eine Leader-Studie weiterentwickle. Die Entwicklungen, so die Information der LWZ, sind so weit gediehen, dass es bereits ein Gespräch mit allen Fraktionsvorsitzenden gegeben hat. Der Lemgoer Bürgermeister kritisiert die Handlungsweise des Kreises und. dass er als Lemgoer Bürgermeister und Betroffener Informationen nur aus der Zeitung erfahre.

„Im Aufsichtsrat der Krankenhausgesellschaft ist nicht ein Lemgoer vertreten. Dabei ist das Krankenhaus nicht nur für die medizinische Versorgung wichtig. Es geht auch um rund 1.000 Arbeitsplätze in unserer Stadt“, sagt er und ergänzt: „Egal, was in Zukunft passiert, Lemgo muss eine Notfallaufnahme behalten. In den vergangenen zehn Jahren ist hier eine schlechte Politik gemacht worden. Das muss sich ändern. Ich wäre bei zukünftigen Planungen gerne dabei, die Kommunen müssen mit eingebunden werden“, sagt er.

Er weist auf die Krankenhäuser im Umfeld hin und sagt, dass es dort besser laufe, liege sicher daran, dass dort anders als in Lippe Fachleute in den Aufsichtsräten säßen. Dies erhofft er sich auch für die Zukunft der medizinischen Versorgung in Lippe, egal wie sie aussehen wird. „Für mich ist es letztlich egal, ob wir ein oder zwei MVZ in Lemgo haben, wir müssen in Menschen investieren und vor allem Partner suchen mit Gesundheitskompetenz“, so der Lemgoer Bürgermeister.

Bürgermeister Hecker setzt auf Bürgerbegehren

Mario Hecker im Kalletal setzt jetzt alles auf das geplante Bürgerbegehren zur Errichtung seines kommunalen MVZ. Wie berichtet, hatte er die Abstimmung in der entscheidenden Ratssitzung Ende März für die Gründung seines MVZ verloren.

Spezielle Fragen warum, er als Bürgermeister zum Beispiel der Geschäftsführer der neuen Gesellschaft werden will, welche Praxen zur Gründung gekauft werden sollen oder warum er im Vorfeld Fragen nicht beantwortet habe, beantwortet der erste Bürger des Kalletals kurz und bündig so: „Antwort zu Themenfeld eins: Bleiben von mir unkommentiert, Antwort zu Themenfeld drei: Müssen von mir unbeantwortet bleiben. Antwort zu Themenfeld vier: siehe Paragraf 26 Gemeindeordnung NRW.“

Auf die Fragen, „Wenn das Krankenhaus in Lemgo geschlossen wird und der Kreis eine Gesundheitsgesellschaft gründet, um eigene MVZ zu betreiben, warum ist dann noch ein MVZ auf kommunaler Ebene im Kalletal nötig?“ und „Wie wollen sie erreichen, dass der Kreis eine Notaufnahme in Lemgo aufrechterhält?“ antwortet Mario Hecker: „Themenfeld eins: Zur Zukunft des Standortes Klinikum Lemgo habe ich mich in der Ratssitzung am 21. März, auch öffentlich, geäußert und meine Einschätzung dazu abgegeben.“

Die Aussagen, aber auch die Nichtbereitschaft einiger Handlungspersonen zum Gespräch sprechen ihre eigene Sprache. Dort scheint im Moment weder Einigkeit noch der Wille zur Zusammenarbeit vorhanden zu sein.

Die Bevölkerung erwartet aber eben diese. Dazu gehört auch, dass Ärzte, Kreis und Kommunen sich zusammenfinden. Letztlich ist die ärztliche Versorgung immer noch Sache der Kassenärztlichen Vereinigung. Dass Kommunen und der Kreis dort nun mitmischen, ist nicht die Regel, aufgrund der Unterversorgung aber politisch nachvollziehbar.