Klinikum Lemgo doch vor dem Aus? Denkschrift sorgt für Aufregung

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Kommt nicht aus den Schlagzeilen: das Klinikum in Lemgo. Foto: Reiner Toppmöller

Kreis Lippe. Erneute Aufregung um das Klinikum Lemgo: Wenngleich Landrat Dr. Axel Lehmann immer wieder betont, dass das stationäre Krankenhaus in Lemgo erhalten bleiben solle, gilt das Aus unter Eingeweihten seit langer Zeit als beschlossen. Diese Erkenntnis wurde gegenüber dieser Zeitung aus informierten Kreisen der Politik bestätigt.

Auch der Kalletaler Bürgermeister Mario Hecker hatte dies schon vor Wochen in der Diskussion um das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in seiner Gemeinde angedeutet und für Aufregung gesorgt. Letztlich wird sich der Kreis der neuen Krankenhausstrukturreform des Bundes, die am Mittwoch auf den Weg gebracht wurde, beugen müssen.

Diese Erkenntnis haben die Verantwortlichen allerdings schon seit dem Jahr 2022, allein die Offenheit in der Diskussion fehlte bislang. Doch wie wird es weitergehen? Im Vordergrund und für alle Lipper zurzeit die dringendste Frage ist die zukünftige ambulante Versorgung und die Anzahl der Arztpraxen.

Zahlreiche Arztpraxen schließen

Von den 237 Hausarztpraxen sind derzeit 50 nicht besetzt. In den kommenden Jahren ist damit zu rechnen, dass weitere 125 Praxen aus Altersgründen schließen, wenn sich kein Nachfolger findet. Eine alarmierende Nachricht, die dringend Handlung erfordert.

Grundsätzlich ist für die ärztliche Versorgung nach dem Gesetz die Kassenärztliche Vereinigung zuständig. Nichtsdestotrotz kümmern sich immer mehr Gemeinden und Kreise aber um die Versorgung und gründen MVZs. Im Kalletal ist das vor Wochen gescheitert, weil es im Rat dazu keine Mehrheit gab. Das Krankenhaus in Lemgo aber könnte zu einem großen MVZ werden.

Denkschrift seit Wochen im Umlauf

Zur Gründung von MVZs im Kreis Lippe gibt es nun seit Wochen eine Denkschrift der Leiterin des Gesundheitsamtes. Zurückgehend auf einen Beschluss des Kreistages aus dem Jahr 2022 war die Gesundheitsbehörde des Kreises damit beauftragt, sich der vorgenannten Thematik anzunehmen. In den zurückliegenden zwei Jahren wurde dieses Projekt gemeinsam mit dem renommierten Partner, der Dostal & Partner Management-Beratung GmbH, erarbeitet.

Die Denkschrift ist eine Bestandsaufnahme und bezieht sich auf viele professionelle Quellen. Darin zeigt die renommierte Ärztin den Status Quo auf und wie viele MVZ es in Deutschland derzeit bereits gibt. Mit der Denkschrift, die als Diskussionsvorlage für die Politik angesehen werden kann und 17 Seiten umfasst, stellt die Verfasserin nicht nur die Vorteile einer Modellregion Lippe für MVZs dar, sondern gibt auch auf drei Seiten Handlungsvorschläge.

Zu der regulären Bürgermeisterkonferenz am vergangenen Mittwoch wurde diese Denkschrift an alle Bürgermeister im Voraus verschickt. Allerdings: Die Handlungsempfehlungen fehlten! Deshalb herrscht großer Aufruhr bei den Bürgermeistern, besonders bei Mario Hecker. Er forderte die Handlungsempfehlungen massiv und mit großem Verteiler ein. Der Landrat lehnt das aber bis jetzt ab.

Nach Recherchen der LWZ steht in den Handlungsempfehlungen aber nichts politisch Brisantes. Vielmehr wird lediglich die schnelle Gründung einer kommunalen Gesundheitsgesellschaft und angesichts der drohenden Unterversorgung die zügige Einrichtung von sieben MVZs mit den Standorten Lemgo, Bad Salzuflen, Lage, Kalletal, Horn Bad Meinberg, Extertal/Barntrup und Schieder/Lügde empfohlen.

Weiter ist den Handlungsempfehlungen nach den Informationen der LWZ zu entnehmen, welche Vorteile die Gründung der Gesellschaft und der MVZs für den Kreis und die angestellten Ärzte brächte. Sonst nichts. Die Verfasser warnen davor, dass bei zögerlichem Handeln private Fonds freie Arztplätze aufkaufen könnten, wie es bereits in anderen Landesteilen passiert ist.

Die Situation ist so also für alle eindeutig, die Aufgabenstellung klar, deshalb verstehen viele Bürgermeister die Handhabung des Landrates nicht, der die Handlungsempfehlungen des Denkbriefes unter Verschluss hält.

Die Brisanz des Themas und die Dringlichkeit grundsätzlicher Zukunftsentscheidungen muss aber allen Beteiligten klar sein. Sie erfordert einen Schulterschluss aller Verantwortlichen, parteiübergreifend. Dieses für die Region so wichtige Thema darf nicht zu einem politischen Spielball werden.